Beziehungscoaching – Partnerschaft – Prinzipien für die Partnerschaft

Partnerschaft ist immer ein Spiegel und Träger unserer eigenen Defizite, daher ist das Wichtigste, am eigenen Selbst zu arbeiten und sich innerhalb der Partnerschaft in eine gemeinsame Richtung zu bewegen.

Im idealen Partnerschaftsmodell finden zwei Menschen zusammen, die ihrem Wesen nach eine hohe psychologische Reife in sich tragen. Mit psychologischer Reife ist gemeint, dass diese Menschen ihre eigene Ich-Identität gefunden und gestärkt haben. Sie wissen, wer sie sind, was sie können und welche Bedürfnisse sie haben und sind fähig, diese klar zu artikulieren und ihnen nachzukommen. Gleichermaßen besitzen sie die Fähigkeit, sich in den Partner hinein zu versetzen, seine Bedürfnisse zu sehen und ihm empathisch gegenüber zu treten. Sie bringen seinem Wesen Wohlwollen und Toleranz entgegen und nehmen ihn an, wie er ist. Sie besitzen die Fähigkeit, sich zurückzunehmen.  Ihre Partnerschaft befindet sich im Ausgleich von Geben und Nehmen. Jeder der beiden Partner bringt etwas von sich in die Partnerschaft ein und findet sein Innerstes in selbiger wieder. Gerade diese Vielfalt lässt eine Partnerschaft wachsen und gedeihen und gibt jedem die Möglichkeit, den anderen zu sehen und selbst gesehen zu werden. Je stärker sich die Partner gegenseitig sehen und von ihrem Partner, den ihnen zukommenden Platz als Mann oder Frau bekommen, umso stärker ist die Bindung und die Zugehörigkeit zueinander. 

Somit ergeben sich die folgenden Prinzipen für eine gelingende Partnerschaft – die Ebenbürtigkeit der Partner, die Verbindlichkeit in der Partnerschaft und der Ausgleich von Geben und Nehmen (wobei das Geben immer ein bisschen mehr sein darf, vgl. Bert Hellinger).

Dies hört sich seinem Anschein nach simpel an und doch ist eine glückliche und zufriedene Beziehung eines der schwierigsten Unterfangen des menschlichen Daseins. Wie schon eingangs beschrieben, werden wir in unserer Partnerschaft mit unseren innersten Defiziten konfrontiert und erleben diese in ihrer ausgeprägtesten Form, werden in einer Partnerschaft die Gefühle am intensivsten spürbar und erlebbar.  Es ist nun oftmals nicht der Fall, dass zwei Menschen mit ausgeprägter psychologischer Reife aufeinandertreffen. In der Wirklichkeit ziehen sich gesetzesmäßig Menschen mit gleicher Ausstattung und gleicher psychologischer Reife an, allerdings in ihren Defiziten meist komplementär. In der Realität finden sich zwei Menschen, die einander suchen und einander brauchen. Sie versuchen oftmals ganz unbewusst einander auszugleichen, im positiven, wie auch im negativen Sinne. Hierbei entstehen dann funktionale wie auch dysfunktionale Beziehungen. Aber sobald wir etwas im Partner erwarten, sobald wir etwas im Partner finden wollen, etwas bekommen wollen, dass wir vielleicht als Kind vermisst haben, befinden wir uns bereits in unseren Mustern, in unserer Geschichte, die immer ein Ungleichgewicht in der Partnerschaft bewirkt und ungünstige Muster innerhalb der Partnerschaft hervorrufen kann, die sich stetig wiederholen und auch in neuen Partnerschaften wiederkehren. Ich möchte hier einige wichtige Muster anführen, die in einer Partnerschaft immer wieder zu Krisen führen können. Eine Partnerschaft sollte grundsätzlich auf Ebenbürtigkeit basieren. Das heisst vor allem, dass die Frau den Mann zum Mann nimmt und der Mann, die Frau zur Frau nimmt. Verhält sich aber einer der Partner wie Eltern oder abhängig wie ein Kind führt dies unweigerlich zu Unstimmigkeiten. Sucht  beispielsweise einer der Partner die gleiche Liebe im Partner zu finden wie ein Kind zu seinen Eltern, begibt er sich in seiner Liebe zum Partner in eine Abhängigkeit, wie es Kinder von ihren Eltern sind. Diese Art der Liebe ist jedoch für eine Partnerschaft nicht adäquat. Weiters kann ein Partner dem anderen Partner nicht auf die gleiche Weise das Bedürfnis nach Sicherheit erfüllen, wie es Eltern ihren Kinder geben sollten. Gleichermaßen kommt es zum Ungleichgewicht in Partnerschaften, verhält sich ein Partner wie die Eltern. Es findet eine Bevormundung, ein Erziehen-Wollen in der Partnerschaft statt, die einen adäquaten Austausch zwischen den Partner untergräbt (vgl. Gunthard Weber, Zweierlei Glück) Andere Muster können sich durch die entwickelte Persönlichkeitsstruktur bedingen und den daraus resultierenden Bindungsstil. Oftmals ziehen sich zwei Menschen mit einer ihnen gegensätzlichen Wesensstruktur an. Diese Antinomie lässt sich wohl durch ein im Menschen vorhandenes transzendentes Bedürfnis zum Ganz-Sein, zur Vervollkommnung des eigenen Selbst erklären. Betrachten wir diese Sehnsucht positiv, so kann es bei dieser antinomischen Anziehung dazu führen, dass sich zwei Partner ergänzen, voneinander lernen, einander ausgleichen und sich durch den anderen weiterentwickeln. Dies kann der Fall sein, wenn der jeweils andere versucht, den Partner in seinem anzunehmen und zu verstehen und es ihm jeweils möglich ist, das Andersartige in ihm selbst zu entdecken und zu entwickeln. Die Wirklichkeit bringt jedoch oftmals ein anderes Szenario mit sich. Es möchte dann ein Partner den anderen ganz von seinem überzeugen, ihm das Eigene überstülpen. Er möchte den anderen, ihm selbst immer ähnlicher machen und beurteilt und wertet den anderen und dessen Verhalten mit seinen Maßstäben. Dies führt unweigerlich entweder zu erbitterten Kämpfen oder zur Ich-Aufgabe eines Partner und dessen Abhängigkeit. 

Daher gehört zum Gelingen einer Partnerschaft das Sehen des eigenen inneren Selbst, um den Partner in seinem Ganzen sehen zu können. 

Nur wer sieht, kann verstehen. Nur wer sieht, kann sein und sein lassen.  

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Schweigen ist nicht immer gold

Der Fall Kim H. und Thomas H. *

Am Telefon sagte Kim H., dass sie und ihr Partner ein Paarcoaching machen möchten. Eigentlich, sagte sie im nächsten Satz, möchte sie sich von ihrem Partner trennen, aber ihr Partner wäre der Meinung, dass ihnen ein Paarcoaching weiterhelfen  würde, und sie glaube, sagte Kim H., dass sie ein Paarcoaching noch versuchen könnten. 

Kim und Thomas hatten sich über gemeinsame Freunde kennengelernt und waren nun seit 10 Jahren ein Paar, 7 Jahre davon verheiratet. Sie lebten in einem gemeinsam erworbenem Haus am Stadtrand mit den zwei gemeinsamen Kindern, 7 und 9 Jahre alt.

Als Kim und Thomas zu mir kamen, schritt Kim voran und hinter ihr folgte Thomas. Kim war ganz in schwarz gekleidet und trug ihre blonden Haare hochgebunden zu einem strengen Dutt. Thomas war mittelgroß, mit schmalem Körperbau. Seine mittellangen, braunen Haare lagen zerstreut auf seinem Kopf. Sie nahmen auf dem Sofa Platz, Kim saß näher zu mir und nach vorne gebeugt, während Thomas sich neben Kim sitzend nach hinten lehnte. Kim begann und sagte, dass sie sich von Thomas im Stich gelassen fühlen würde. Sie habe das Gefühl, alles läge auf ihren Schultern. Sie hätte einen anstrengenden Alltag mit den Kindern, müsse den Haushalt erledigen und müsse auch noch halbtags arbeiten, damit sie sich ihr Leben auf diesem Niveau leisten können. Sie könne nie abschalten, ihr Kopf würde ständig arbeiten und sie wäre einfach in vielen Momenten überfordert, wo sie Thomas brauchen würde, aber sie fühle sich von ihm alleine gelassen und ihre Leistungen zu wenig anerkannt.

Ich bat Thomas, nachdem er Kim gehört hatte, seine Sicht der Dinge zu schildern. Er richtete seinen Oberkörper auf und beugte sich etwas nach vorne. Thomas sagte, dass er Vollzeit arbeiten würde und Kim den Alltag mit den Kindern unter der Woche überwiegend alleine gestalte. Wenn er abends nach Hause komme, fühle er sich oft wie ein Eindringling. Kim und die Kinder waren sehr eingespielt und Kim gäbe ihm das Gefühl, dass er ihre Routine eher mit seiner Anwesenheit störe, als das sie sich Unterstützung wünsche. Er würde versuchen, sich in den Familienalltag einzubringen, aber Kim gehe dann oft barsch mit ihm ins Gericht, dass er die Dinge nicht richtig mache. Sie beziehe ihn auch nicht in alltägliche Dinge mit ein. So würden beispielsweise Elterngespräche in der Schule oder Kindergeburtstage zu denen, die Kinder eingeladen wären, einfach ausgemacht und er würde erst in letzter Minute davon erfahren. Sie würde ihn generell in Familiendingen wenig mitnehmen und einbeziehen. Hier stiegen wir in den Coachingprozess ein.

Es zeigte sich auf verdeckter Gefühlsebene, dass Kim ihrem Mann einen souveränen Umgang mit den Kindern nicht zutraute, genauso wenig eine, in ihren Augen, gute Vermittlung von Werten. Kim empfand eine innere, abwertende Haltung gegenüber Thomas. Somit versuchte Kim für die Kinder, alles möglichst alleine zu bestimmen und Thomas rückte in der Beziehung und in der Familie immer mehr in den Hintergrund, bis er sich in beidem mit seinem nicht mehr gesehen fühlte und nicht mehr wiederfand. Kim empfand Thomas Werte als minderwertig, ebengleich, wie er sein Leben zu führen pflegte. Je länger sie zusammen waren, konnte sie seiner Herangehensweise an die Dinge immer weniger abgewinnen und verlor mehr und mehr den Respekt vor ihrem Partner und das Zutrauen in seine Fähigkeiten, schlicht, sie gestand ihm keinen guten Umgang mit seinen Kindern zu, empfand ihn allgemein als zu wenig ambitioniert, zu lasch, zu phlegmatisch und verlor zudem fortwährend den Blick auf ihn als Mann, wodurch sie sich zunehmend weniger als Frau fühlte. Desweiteren hatte Kim nie gelernt, ihre Werte, Vorstellungen und Bedürfnisse zu kommunizieren. Sie fühlte sich diesbezüglich klein und hilflos und ihre Bedürfnisse empfand sie als nicht wert, diese auszusprechen. Zumindest so lange, bis sie nicht mehr konnte, dann schoss sie mit ihrem Unmut förmlich hinaus, auf eine sehr vernichtende und verletzende Art und Weise.  An diesen Regressionsmustern konnte im Laufe des Coachingprozesses gearbeitet werden.

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* Ich schreibe in meinen Blogbeiträgen Gedanken zu verschiedene Themen und schildere kurz einen zugehörigen Beispielfall. Alle Erzählungen dienen der Veranschaulichung des abstrakten Themas, wie es sich, als eine Möglichkeit, in der Realität zeigt. Jede Beschreibung der Geschichte meiner Klienten entspringt der Wirklichkeit und dennoch sind Namen und Handlung konstruiert, die notwendige Privatsphäre und Diskretion jedes einzelnen zu wahren. Die Hashtags zeigen eine Auswahl der Bereiche des Coachingprozesses auf.