Beziehungscoaching – Partnerschaft – Bindungstheorie und Bindungsverhalten

Soziale Beziehungen und emotionale Bindungen gehören zu den elementaren Grundbedürfnissen eines Menschen. Von früher Kindheit an bis hin zum späten Erwachsenenalter dienen sie als zentrale Plattform für den persönlichen Entwicklungsprozess. 

Für den Kinderpsychiater John Bowlby, den Begründer der Bindungstheorie, war die Mutter- Kind- Beziehung von maßgeblicher Bedeutung für die spätere Bindungsfähigkeit. Bindung bedeutet für Bowlby der empfundene Ausdruck von Sicherheit und Schutz vor Gefahr in der Nähe einer Bezugsperson und das Vertrauen, sich auf die Bindungsperson verlassen zu können, beides führt zu innerer Sicherheit und beeinflusst die Haltung des Kindes, seine Umwelt zu explorieren. 

Ausgehend von den frühen Bindungserfahrungen entwickelt das Kind sog. innere Arbeitsmodelle. Diese inner working models beziehen sich nach Bowlby zum einen auf die nahen Bezugspersonen und seine Umwelt, welche Vorstellungen und Erwartungen es von selbigen haben kann. Zum anderen erlernt es gleichermaßen eine Vorstellung vom eigenen Selbst, wie akzeptabel und liebenswert es in den Augen seiner Bezugspersonen ist. Daraus werden die Erwartungen an eine Beziehung abgeleitet, auch im Erwachsenenalter.

Bowlby und die Entwicklungspsychologin Ainsworth und später Bartholomew entwickelten aus empirischen Untersuchungen des kindlichen Verhaltens in Trennungssituationen, vier verschiedene Bindungsstile – sicher gebunden, unsicher-vermeidend gebunden, unsicher-ambivalent gebunden und desorganisiert gebunden. 

Kinder mit sicherer Bindung entwickeln aufgrund des adäquaten Verhaltens und Empathie seiner Bezugspersonen großes Vertrauen in die Verfügbarkeit und Verlässlichkeit der Bindungsperson. Diese Kinder können deutlich ihre Gefühle zeigen und sehen ihre Bezugspersonen als Schutz und Geborgenheit bietend. Unsicher gebunden Kinder erlebten ihre Bezugspersonen eher mit gleichgültigem und vernachlässigendem Verhalten, oder wurden besonders überbehütet, sodaß keine selbstständige Entwicklung möglich war, oder haben den schmerzlichen Verlust einer Bindungsperson erfahren müssen. 

Die US- Forscher Hazan und Shaver übertrugen später die kindlichen Bindungsstile auf Beziehungsmuster im Erwachsenenalter. Sie stellten einen Zusammenhang der romantischen Liebe und der Eltern-Kind Beziehung, die sich in ihrer Struktur, eine langanhaltende, emotionale Bindung zu einer Bezugsperson zu erfahren, durchaus ähnlich sind. Merkmale und Erwartungen, wie Verlässlichkeit, Feinfühligkeit, Interesse, Akzeptanz des Partners sind entscheidend für die Qualität einer Liebesbeziehung, gleichwohl wie für die Beziehung des Kindes zu seiner Bindungsperson.

Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde aus entwicklungspsychologischer Perspektive angenommen, dass persönliche Instabilitäten und defizitärer Selbstwert auf Erfahrungen, aus der Zeit, in dem sich die Bindung entwickelt, resultieren und Ausdruck eines unsicheren Bindungsverhaltens zwischen dem Kind und dessen Bezugsperson sind.

Der Bindungsstatus eines Menschen hat Einfluss auf sein Verhalten in sozialen Beziehungen, da beispielsweise bei Bindungsunsicherheit, die Fähigkeit soziale Interaktionen angemessen einzuschätzen und zu beurteilen, eingeschränkt ist. 

Abschließend gilt jedoch zu sagen, dass sich Bindungsmuster aus früher Kindheit im Erwachsenenalter zeigen können, aber der erwachsene Mensch viel komplexere Verarbeitungsmöglichkeiten, eine größere Vielfalt an Ressourcen und einen erweiterteren Handlungsspielraum besitzt, sodaß verknüpfte negative Gefühle verändert werden können, anstatt diese zu idealisieren oder abzuspalten und vielmehr ein grundsätzlicheres Verständnis von Beziehungen und dem eigenen Selbst zu integrieren.

______

Nähe und Distanz

Der Fall Franka W. *

Franka W. wirkte nach aussen hin selbstbewusst und unabhängig. Sie hatte in Amerika studiert und in einem großen Dax Konzern in leitender Position gearbeitet. Anfang dreissig lernte sie in München ihren Mann kennen. Sie heirateten und bekamen ein Kind. Frankas Mann nahm sich eine berufliche Auszeit und kümmerte sich um ihr gemeinsames Kind und Franka W. ging weiter ihrem Beruf nach, genoss aber ihren sicheren Hafen, der jeden Tag auf sie wartete. Franka W. wurde zunehmend unzufriedener. Sie kritisierte ihren Mann bezüglich der Erziehung des gemeinsamen Kindes, sagte ihr Mann verhätschele das Kind. Sie ging vermehrt zu abendlichen Einladungen und blieb bis tief in die Nacht aus. Auch am Wochenende suchte sie weniger die intime Zeit mit der Familie und brauchte Aktivität oder Zeit für sich alleine. 

Franka W. war Ende dreißig, als sie zu mir kam. Sie wirkte matt und niedergeschlagen, war sehr dünn und das Gesicht fahl. Sie sagte, dass ihr Mann sich von ihr getrennt hätte, nachdem er herausgefunden habe, dass sie ihn mehrfach betrogen habe. Sie sagte, sie wisse nicht, warum sie sich in diese ausserehelichen Beziehungen stürze, sie würde ihren Mann lieben, aber sie brauche das. Sie sagte, sie könne nicht erfüllen, was ihr Mann von ihr erwarten würde. Er wünsche sich, dass sie im Rahmen ihrer zeitlichen Möglichkeiten für ihn und ihr Kind da sei. Er wünsche sich, dass sie manchmal auch seine Bedürfnisse sehen würde und er wünsche sich, dass sie das ein oder andere Mal ihre Entscheidungen in seinem Sinne und im Sinne der Familie treffen würde. Franka W. sagte, dass  sie diese Erwartungen überfordern würden. Die Männer, mit denen sie sich einließ, waren unkompliziert, sagte sie und sie müsse nicht nachdenken und könne sie selbst sein. Ihr Mann verlange in emotionaler Hinsicht zu viel von ihr, sagte sie, sie könne das nicht leisten. Hier stiegen wir in den Coachingprozess ein.

#Beziehungscoaching#Genogram#Aufstellungsarbeit#innereSchemata#

Glaubenssätze# Gesprächstherapie#Selbstwert#Ressourcen#

* Ich schreibe in meinen Blogbeiträgen Gedanken zu verschiedene Themen und schildere kurz einen zugehörigen Beispielfall. Alle Erzählungen dienen der Veranschaulichung des abstrakten Themas, wie es sich, als eine Möglichkeit, in der Realität zeigt. Jede Beschreibung der Geschichte meiner Klienten entspringt der Wirklichkeit und dennoch sind Namen und Handlung konstruiert, die notwendige Privatsphäre und Diskretion jedes einzelnen zu wahren. Die Hashtags zeigen eine Auswahl der Bereiche des Coachingprozesses auf.