Persönlichkeitscoaching – Entwicklungscoaching – Lebenskrise und Identität

Lebenskrisen stellen einen wesentlichen Beitrag für die Entwicklung unserer Persönlichkeit dar. Mit ihnen können wir wachsen, lernen und schließlich als einheitliche und feste Persönlichkeit aus ihnen hervorgehen. 

Nach Erik H. Erikson durchleben wir bereits im Säuglings- und Kindesalter eine Reihe verschiedener Krisen, die wir meistern müssen, um am Ende jeder Lebensphase, gut vorbereitet für die Nächste zu sein und mit all diesen Erfahrungen, die wir vom Säuglingsalter an, bis hin zum Ende der Adoleszenz gemacht haben, für das Erwachsenenalter gerüstet zu sein und bestenfalls zu einer reifen Persönlichkeit herangewachsen sind,  mit einer eigenen Identität, die eine gewisse Einheitlichkeit zeigt und fähig ist, ihre Umwelt aktiv zu meistern und imstande ist, ihre Umwelt und sich selbst richtig zu erkennen (vgl. Erikson). 

Er stellt das menschliche Wachstum unter dem Gesichtspunkt innerer und äusserer Konflikte dar, die der Mensch durchzustehen hat und aus denen er stets mit einem gestärkten Gefühl hervorgehen soll, diese gut gemeistert zu haben und mehr innere Einheit und einen Zuwachs an Urteilskraft und erlangten Fähigkeiten gewonnen zu haben (vgl. Erikson).

Erikson unterteilt hierbei die zu durchlebenden Krisen in 8 Stufen:

Die erste Stufe (ca. 1. Lebensjahr) ist die Entwicklung des Ur- Vertrauens, dass einen Eckstein in der Entwicklung einer gesunden Persönlichkeit darstellt. Hierbei ist besonders die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der Bezugspersonen von Bedeutung. Beim Erwachsenen zeigt sich die Verletzung des Ur-Vertrauens in einem Ur-Mißtrauen.

Die zweite Stufe (ca. 2. und 3. Lebensjahr) ist die Entwicklung der Autonomie. Nach Erikson erfährt das Kind in dieser Stufe den Konflikt seines Zustandes als autonomes und zugleich abhängiges Wesen (festhalten vs. loslassen). Gerade in dieser Stufe ist es von besonderer Bedeutung, dass seine Umwelt dem Kind so viel als möglich vermittelt, da diese Phase entscheidend zu seinem Charakter, seiner Leistungsfähigkeit und seiner Persönlichkeit beiträgt. Geht das Umfeld nicht oder übermäßig auf das Kind ein, kann es ein Gefühl der Scham oder des Zweifels entwickeln.

Die dritte Stufe (4. und 5. Lebensjahr) ist die Stufe der Initiative. Hier muss das Kind herausfinden, wer es sein will. Es identifiziert sich mit den Eltern, möchte sich messen und Vergleiche anstellen. 

In der vierten Stufe (ca. 6 Jahre bis zur Pubertät) soll das Kind seinen Werksinn entwickeln. Es möchte, dass man ihm etwas zeigt, es möchte tätig werden, nützlich sein  und dafür von seiner Umwelt Anerkennung bekommen. Die Gefahr auf dieser Stufe ist es, dass ein Gefühl von Unzulänglichkeit oder Minderwertigkeit beim Kind entsteht, wenn die Anerkennung des für ihn wichtigen Umfeldes für seine Leistung oder sein Handeln ausbleibt.

Die fünfte Stufe (Adoleszenz) ist die Stufe der Identität. Hier bildet sich die sog. Ich-Identität, indem alle Kindheitserfahrungen, die in den vorhergehenden Entwicklungsstufen angesammelt wurden, neu sortiert und integriert werden und dem Kind als „inneres Kapital“ zur Verfügung stehen. Dieses Gefühl für das eigene Selbst zeigt sich nun in der Überzeugung auf eine, für den Heranwachsenden, erreichbare Zukunft zuzugehen. Durchläuft der Jugendliche diese Stufe eher negativ, kann er danach streben, jemand zu sein, der er nicht ist. Erikson nennt dies Identitätsdiffusion.

Die sechste Stufe (frühes Erwachsenenalter), die der Intimität, zeigt, dass wirkliche Intimität zu einem anderen Menschen und auch zu sich selbst, erst mit der Erlangung der eigenen Ich-Identität wirklich möglich ist. „Es gibt keine wahre Zweiheit, bevor man nicht selbst eine Einheit ist“ (Erikson).

Die siebte Stufe (Erwachsenenalter), die der Generativität, meint das Interesse an Erzeugung und Erziehung. Dies kann der Wunsch zur Elternschaft sein oder eine anderweitig schöpferische Leistung. Es geht darum, Triumph und Niederlage zu erleben, damit umzugehen und daran zu reifen. Bleibt dieses Stadium zur Gänze aus, kann ein Gefühl des Stillstandes und der Verarmung entstehen. 

Die achte Stufe (reifes Erwachsenenalter) nennt Erikson Integrität. Hier gilt es die Früchte der vorangegangenen Stufen zu ernten und Weisheit zu erlangen. Diese Stufe kann friedlich und ruhig sein oder von Verzweiflung und Angst geprägt, je nachdem, wie die vorherigen Stufen durchlaufen worden sind (vgl. Erikson).

Wie beschrieben können die gemeisterten Krisen einer jeden Stufe uns zu einer festen Persönlichkeit reifen lassen, mit einem Urteilsvermögen, dass uns gute Entscheidungen im Sinne des eigenen Selbst und der eigenen Umwelt treffen lässt und fehlendes adäquates Durchschreiten ein Defizit in der Persönlichkeit hinterlassen. 

Umso wesentlicher ist daher die Erkenntnis, dass Lebenskrisen im Erwachsenenalter die Möglichkeit bzw. die Notwendigkeit bieten, zu sich gehen zu können, um zu einer einheitlichen Ich-Identität, oder anders gesprochen, zu seinem wahren Selbst zu gelangen. 

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Schein und Wohlstand

Der Fall Helene B. *

Helene B. war eine aussergewöhnliche Persönlichkeit. Am meisten in Erinnerung ist mir ihr mitreissendes Lachen geblieben, dass sie trotz ihrer tief melancholischen Art stets begleitete und ihr während der tiefen Sinn- und Identitätskrisen, die sie durchmachte, eine unweigerliche Stärke und positive Unbeugsamkeit verlieh.

Während ihres Studiums verliebte sich Helene B. in den 2 Jahre älteren Kommilitonen Tommy. Sie wurde schwanger und Mutter eines Sohnes und die beiden heirateten noch während des Studiums. Es folgte zwei Jahre später eine Tochter. Helene B. brach ihr Studium ab, Tommy beendete seines, tat sich jedoch schwer mit der Arbeitssuche und das junge Paar fand sich sich in einem Berg von plagenden Alltagssorgen wieder. Eines Abends ging Helene B. aus und lernte den wohlhabenden und leichtlebigen Erben Rene aus einer Münchner Unternehmerfamilie kennen, der sich sofort in Helene B. verliebte.  Helene B. ihrerseits fand den jungen Spross sehr angenehm und liebenswert. Er umwarb Helene B. und machte ihr schon bald einen Heiratsantrag. Er wollte, dass sie sich scheiden ließe und er würde für ihre beiden Kinder Sorge tragen, sie sogar adoptieren, sodaß sie den Vater finanziell nicht mehr belasten würden und sie erbberechtigt wären. Er wünsche sich nur ein gemeinsames Kind mit ihr. Helene B. sah sich nicht mehr über ein Leben mit Tommy aus, obzwar sie ihn liebte. Selbst hegte sie Zweifel, ob sie jemals im Stande sein würde zu arbeiten. So kam es, dass sie die Scheidung vollzog und schon bald bei Rene in eine großzügige Villa in der Stadt einzog. Sie lebte ein Leben in Sicherheit und Wohlstand, angesehen und beneidet von ihrem Umfeld. Rene war ein fürsorglicher Ehemann und kümmerte sich, wie er es versprochen hatte, um seine zwei Stiefkinder. Er bezahlte die besten Ausbildungen und unterstützte sie bei der Arbeitssuche mit seinen ausgezeichneten Kontakten. Nach einigen Jahren bekamen Helene B. und Rene ein gemeinsames Kind, dass der ganze Stolz ihres Vaters war. Sie wurde über die Maßen verwöhnt, dementsprechend lustlos an Leistung und Lernen wuchs sie heran, aber das störte den Vater nicht und die Mutter lebte ihr Leben zwischen Kosmetikterminen, Restaurantbesuchen, Fernreisen und personal Training. 

Als Helene B. zu mir kam war sie Mitte vierzig und befand sich in einer tiefen Lebenskrise. Sie war aufs Äußerste unglücklich mit sich und mit ihrem Leben und damit, wie sie sich vor vielen Jahren entschieden hatte. Hier stiegen wir in den Coachingprozess ein.

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* Ich schreibe in meinen Blogbeiträgen Gedanken zu verschiedene Themen und schildere kurz einen zugehörigen Beispielfall. Alle Erzählungen dienen der Veranschaulichung des abstrakten Themas, wie es sich, als eine Möglichkeit, in der Realität zeigt. Jede Beschreibung der Geschichte meiner Klienten entspringt der Wirklichkeit und dennoch sind Namen und Handlung konstruiert, die notwendige Privatsphäre und Diskretion jedes einzelnen zu wahren. Die Hashtags zeigen eine Auswahl der Bereiche des Coachingprozesses auf.