Persönlichkeitsentwicklung – wiederkehrende Muster

Wiederkehrende Muster können uns in vielen sozialen Beziehungen begegnen.

Es sind Verhaltensweisen, die wir uns aufgrund unserer Erfahrungen, meist im Kindesalter, angeeignet haben und im Erwachsenenalter noch immer zu Tage treten. Oftmals fragen wir uns dann, warum wir in manchen Situationen mit einem bestimmten Verhalten reagieren, warum es sich manchmal so anfühlt, als ob wir uns mit dieser Verhaltensweise selbst im Weg stehen und warum ein unerwünschtes Verhalten uns immer wieder begleitet und es dennoch ein schwieriges Unterfangen ist, selbiges zu verändern oder loszulassen.

Immer wiederkehrende Muster deuten in vielen Fällen auf eine systemische Verletzung hin. Ein sogenanntes Regressionsmuster, in dem der Erwachsene in bestimmten Situationen wieder zum Kind wird, bzw. sich in ein Umfeld begibt, dass ihm aus seiner Kindheit bekannt ist.

Für ein Kind ist es überlebenswichtig, Zugehörigkeit zu seinem System, seiner Herkunftsfamilie, zu haben. Wird ihm diese von Natur aus bestimmte Zugehörigkeit nicht gegeben, da seine Bezugspersonen dazu nicht fähig sind, wird es sich Strategien aneignen, dieses essentielle Urbedürfnis zu bekommen. Diese erlernten Verhaltensmuster trägt das Kind auch im Erwachsenenalter in sich, welche sich auf unterschiedlichste Art und Weise äussern können. Es kann das Gefühl sein, der Zusammenhalt des Systems lastet nur auf den eigenen Schultern, es kann das Empfinden sein, den anderen, wie den eigenen Kindern, dem Partner oder auch Freunden, immerzu die Dinge recht machen zu müssen, um das System im Gleichgewicht zu halten, es kann das Gefühl sein, alles perfekt machen zu müssen, um sich seinen Platz im System zu verdienen.

In anderen Fällen zeigen sich die wiederkehrenden Muster in der unbewussten Suche nach dem Vertrauten. Verhalten sich die Bezugspersonen nicht adäquat und befinden sich die Begebenheiten in der Herkunftsfamilie ausserhalb der Norm, d.h. wird ein Kind emotional stark vernachlässigt oder herrschen keine kindgerechten Verhältnisse, wie z. B. Gewalt, wird das Kleinkind die Umstände in denen es aufwächst als normal annehmen, da es sein Herkunftsystem nicht infrage stellen wird, sorgt die Zugehörigkeit zum selbigen für sein Überleben. Seine wahrgenommene Realität wird für ihn zur Normalität und es verrückt sich, was als normal angesehen wird.

Manche Frauen fragen sich beispielsweise, warum sie sich immer wieder von einem bestimmten Typ Mann angezogen fühlen und sich in ähnlichen Beziehungen wiederfinden, obzwar sie sich selbige in jener Form gar nicht wünschen.  Dies kann eine unbewusste Suche nach dem Vertrauten sein, selbst wenn das Vertraute von damals oftmals schmerzlich war.


Systemzugehörigkeit
Der Fall Iris H. *

Iris H. war eine positive und freundliche Person. Sie kam mit allen gut aus und jedermann freute sich, wenn er Iris H. begegnete. Sie hatte stets ein liebenswertes Lächeln und ein frohgesinntes Wort auf den Lippen. Iris H. nahm sich ihrem Gegenüber an, versuchte zu helfen oder Beistand zu leisten, wo immer ihr es möglich war und hatte immerzu den passenden Rat parat. Sie hielt eine Vielzahl von Ehrenämtern inne, die sie mit unermüdlichem Engagement ausfüllte, manchmal bis zur vollständigen Erschöpfung.

Sie war verheiratet und hatte zwei Kinder. Auch innerhalb ihrer Ehe war sie die wünschenswerte Ehefrau, sie konnte ausgezeichnet kochen, hielt den Haushalt rein, war gebildet und kultiviert, brachte sich in der abendlichen Konversation in vielen Themen ein und sorgte sich an, dass es dem Ehemann an nichts fehlte und sie ihre Aufgabe als Ehefrau so gut, wie keine andere erfüllte. Die Kinder waren ausgezeichnet erzogen, geduldet wurde nur ein vorbildhaftes Verhalten, als Ausdruck ihrer exzellenten Erziehung.

Es war an einem Montag Vormittag, als Iris H. zu mir kam. Sie grüßte mich herzlich und sagte, dass wir unsere Sitzung pünktlich beenden müssten, da sie ihre Kinder von der Schule abholen müsse. Wir gingen in den Coaching Raum und setzten uns. Ich bot Iris H. ein Glas Wasser an, sie wirkte ausser Atem.

Wie mir Iris H. bereits bei unserem Vorgespräch erzählt hatte, suche sie Hilfe, wie sie sagte, weil ihr das Leben über den Kopf zu wachsen schien. Sie tat an jedem Tag unzählig viele Dinge und fühle sich Abends ausgebrannt und dennoch käme sie keinen Schritt vorwärts, sondern habe das Gefühl, immer noch mehr tun zu müssen. Sie spüre sich nicht mehr. Ihr Leben fühle sich mechanisch an, die Beziehung zu ihrem Mann, zu ihren Kindern und zu sich selbst. Sie tat alles für die Bedürfnisse ihres Mannes und ihrer Kinder und empfinde dennoch, dass es zu wenig war, dass es nicht genügen würde. Sie hatte immer versucht alles richtig zu machen und allem und jedem in den höchsten Ansprüchen gerecht zu werden und jeden Tag plage sie die Angst, einen Fehler zu machen, sagte Iris H. 

Wir stiegen in den Coachingprozess ein und im Laufe des Prozesses, war es eine Erkenntnis, dass sich dieses immer wiederkehrende Muster in den sozialen Beziehungen von Iris H., ihrer Kindheit zuordnen ließ, wo sich die Liebe ihrer Eltern nur dann zeigte, wenn sie in den Augen der Eltern eine gute Tochter war. Vorbildhaft und erfolgreich in ihrem Tun, angepasst und moralisch tadelfrei in ihrem Sein. Sie hatte gelernt, die Gunst und Anerkennung der Eltern zu bekommen, wenn sie sich in deren Sinne verhielt, recht zu machen und den erwarteten Anspruch zu bedienen. Bereits im Kleinkindalter versuchte Iris H. ihrer Mutter nicht zu viel Arbeit aufzubürden. Sie war nie laut oder rebellisch, spielte meist in ihrem Zimmer, aß nicht viel und brauchte nicht viel. Dem Vater, wenn er des abends nach Hause kam, erzählte sie, was sie an diesem Tage alles gelernt hatte. Für ein ungebührliches Verhalten im Sinne der Eltern, wandten sie sich von ihrem Kind ab und straften es mit Verachtung. Im Kindes und Jugendalter war sie eine ausgezeichnete Schülerin, musizierte und las Bücher, war eine gute Sportlerin und versuchte stets alles zur Zufriedenheit der Eltern auszuführen. Sie machte ihr Abitur, studierte, arbeitete und heiratete den richtigen Mann, eine gute Partie, die wohlwollend von den Eltern betrachtet wurde.

Iris H. hatte nie gelernt frei zu sein. In ihren sozialen Beziehung war sie stets gefangen von dem Gefühl recht machen zu müssen, etwas leisten zu müssen und agieren zu müssen in einem vorgegebenen Rahmen. Ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und für ihre Bedürfnisse einzustehen und zu erkennen, dass es befreiend und erlaubt ist, seine Bedürfnisse auszusprechen und selbst zu sein, war ihr gleichermaßen verborgen geblieben, wie einem anderen Menschen wahrhaftig aus Liebe zu geben – sie war bis zu diesem Zeitpunkt in ihren sozialen Beziehungen noch immer das Kind, dass um die Gunst ihrer Eltern buhlen muss, um Zugehörigkeit zu bekommen.

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* Ich schreibe in meinen Blogbeiträgen Gedanken zu verschiedene Themen und schildere kurz einen zugehörigen Beispielfall. Alle Erzählungen dienen der Veranschaulichung des abstrakten Themas, wie es sich, als eine Möglichkeit, in der Realität zeigt. Jede Beschreibung der Geschichte meiner Klienten entspringt der Wirklichkeit und dennoch sind Namen und Handlung konstruiert, die notwendige Privatsphäre und Diskretion jedes einzelnen zu wahren. Die Hashtags zeigen eine Auswahl der Bereiche des Coachingprozesses auf.